Aktuelle Forschungsprojekte
Sie befinden sich hier: / Startseite
Thermische Speicherung mit PCM
Von der Speicheraufgabe zur Anwendung
Was sind Latentwärmespeicher?
Thermische Speicher erlangen in einer Energiewirtschaft mit einem zunehmenden Stromanteil aus fluktuierenden Quellen wachsende Bedeutung. Eine Möglichkeit der thermischen Speicherung besteht in der Nutzung von Phasenwechselmaterialien (PCM), bei denen die Wärme in einem reversiblen Phasenübergang gespeichert wird. Die Vorteile dieser Art der Wärmespeicherung liegen zum einen in der Speicherung der Wärme auf einem relativ konstanten Temperaturniveau sowie in den potenziell erreichbaren hohen Speicherdichten. Da die Wärme ohne signifikante Temperaturänderung, quasi „versteckt“ gespeichert wird, spricht man auch von Latentwärmespeicherung. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht diese Zusammenhänge in einer schematischen Darstellung (Bild 1).
Die effiziente Nutzung von PCM in technischen Prozessen erfordert in der Regel eine Anpassung des Speichersystems an die zu lösende Speicheraufgabe. Extern vorgegebene Parameter wie Speichertemperatur, Speicherleistung, treibende Temperaturdifferenzen und Art der Wärmeübertragung beeinflussen wesentlich die Speichermaterialauswahl, die Speichergestaltung sowie die Anbindung an das technische System. Dieser Abstimmungsprozess erfordert eine vertiefte Kenntnis chemischer, physikalischer und technischer Zusammenhänge, die sich die ILK Mitarbeiter im Rahmen öffentlich und privatwirtschaftlich finanzierter Projekte zur Latentwärmespeicherung erwerben konnten.
Auf der Basis dieser Erfahrungen unterstützt Sie das ILK Dresden gerne bei der Strukturierung und Abarbeitung der einzelnen Schritte zur Lösung Ihrer Wärmespeicheraufgabe (Bild 2).
Die folgenden Abschnitte illustrieren anhand einiger Beispiele die Entwicklungsschritte von der Speicheraufgabe bis zur Anwendung des Latentwärmespeichers.
Wann ist der Einsatz von Phasenwechselmaterialien zur Wärmespeicherung erfolgversprechend?
Der Einsatz thermischer Speicher ermöglicht die zeitliche Entkopplung von Wärmeaufkommen und Wärmebedarf. Dadurch ist es beispielsweise möglich, nur periodisch anfallende Wärme für kontinuierliche Prozesse zu nutzen, oder aber Lastspitzen mittels in Schwachlastzeiten gespeicherter Wärme abzupuffern. Unter bestimmten Bedingungen kann man PCM auch zum stoffgebundenen Transport von Wärme nutzen. Die nachfolgende Übersicht (Bild 3) zeigt – ausgehend von einigen Eigenschaften des in Frage kommenden Energiesystems – Möglichkeiten des vorteilhaften Einsatzes von Latentwärmespeichern. Während der linke Entscheidungsbaum auf die Nutzung von Abwärme fokussiert, bezieht sich der rechte Teil der Grafik auf den Einsatz thermischer Speicher zur Lastverschiebung.
Auf der Suche nach dem geeigneten Speichermaterial
Phasenwechselmaterialien zeichnen sich durch ihre Wärmespeicherfähigkeit auf einem nahezu konstanten Temperaturniveau aus. Diese Temperatur ist materialspezifisch. Erfordert das Energiesystem eine spezielle Speichertemperatur, muss ein „passendes“ Phasenwechselmaterial gefunden werden. Kommerzielle Anbieter vertreiben Speichermaterialien für bestimmte, bei weitem aber nicht alle Temperaturbereiche. Es lohnt sich daher in vielen Fällen, auf der Basis physikalisch chemischer Stoffeigenschaften nach Stoffen zu „suchen“, die sich vorteilhaft als thermische Speichermaterialien einsetzen lassen könnten. Aspekte, die dazu betrachtet werden müssen, sind neben Schmelzenthalpie und -temperatur beispielsweise auch das Unterkühlungsverhalten, Toxizität, Korrosivität und die Verfügbarkeit (Kosten). Das ILK Dresden hat eine solche Recherche beispielsweise im Temperaturbereich von 100°C bis 180°C durchgeführt und publiziert (auf Anfrage kann die Veröffentlichung zugesandt werden). Stellt man die massebezogene Schmelzenthalpie (die Speicherkapazität) über der Schmelztemperatur (der Anwendungstemperatur im Speicher) dar, erhält man ein aufschlussreiches Bild der potenziell zur Verfügung stehenden Speichermaterialien (Bild 4).
PCM im Test
Eine Reihe wichtiger Eigenschaften potenzieller Speichermaterialien lässt sich so in der entsprechenden Fachliteratur recherchieren. Dies trifft aber nicht auf alle relevanten Stoffparameter zu. Eigenschaften wie Korrosivität, Kristallisationsverhalten, der Einfluss von Keimbildnern, Unterkühlungsneigung, Zyklenstabiliät oder das Verhalten unter Extrembedingungen erfordern oft eine anwendungsspezifische Betrachtungsweise. Dazu bedarf es spezieller physikalisch-chemischer Analysemethoden, die am ILK Dresden verfügbar sind. Das folgende Bild 5 zeigt in den Teilbildern 1-5 den Erstarrungsprozess einer Erythritolschmelze mit Zusatzstoffen mit potenziell kristallisationsauslösender Wirkung (Keimbildner).
Tendenzielle Aussagen zum Einfluss einzelner Substanzen auf die Keimbildung in einem Speichermaterial lassen sich durch die Auswertung von DSC-Messungen gewinnen. Als „Unterkühlung“ wird dabei die Temperaturdifferenz zwischen dem Beginn des Schmelzprozesses (der sogenannten Onset-Temperatur) und der Temperatur, bei der die Schmelze zu erstarren beginnt, bezeichnet. Bild 6 zeigt die Ergebnisse von Untersuchungen zur Unterkühlung von PEG3400, einem Latentspeichermaterial mit vergleichsweise großer Unterkühlung. Untersucht wurde in diesem Beispiel der Einfluss verschiedener Nanopartikel (die x-Achse zeigt den mittleren Partikeldurchmesser) auf das Kristallisationsverhalten.
Gerade bei Messungen mit Bezug zum Kristallisationsverhalten ist es jedoch wichtig, makroskopische Probemengen zu untersuchen um dem statistischen Charakter dieses Prozesses gerecht zu werden und den Einfluss der Versuchsbedingungen auf das Verhalten der Speichermaterialien zu reduzieren. Das Bild 7 ist die Temperaturaufzeichnung eines Zyklentests mit einem organischen Speichermaterial. Die rote Kurve zeigt den zeitlichen Verlauf der Flüssigkeitstemperatur eines Bades, in dem sich eine PCM-Probe mit Temperaturfühler befand (blaue Kurve). Zu erkennen sind die gute Zyklenstabilität des Materials über eine Vielzahl von Phasenwechseln aber auch die Unterkühlung des flüssigen Speichermaterials unter die Schmelztemperatur sowie der Anstieg der Probentemperatur bei spontan einsetzender Kristallisation.
Um die Zyklenstabilität eines Speichermaterials innerhalb überschaubarer Zeiträume bewerten zu können, erfolgt neben der thermischen auch eine chemische Untersuchung der Materialien. Dafür stehen verschiedene Analysemethoden zur Verfügung. Bild 8 zeigt als Beispiel infrarotspektroskopische Aufnahmen eines Polymers vor und nach einer definierten Anzahl von Phasenwechselzyklen (insgesamt 3 Messungen vor der Zyklierung und nach verschiedenen Zyklenzahlen).
Latentwärmespeicher in Anwendungsform
Die meisten PCM liegen innerhalb eines Speicherzyklus für einen bestimmten Zeitraum in flüssiger Phase vor. Um eine sichere Trennung von Speichermaterial und Wärmeträger zu ermöglichen, werden Latentspeichermaterialien häufig verkapselt. Die Verkapselung ist damit funktionaler Bestandteil des Energiesystems und ist mitbestimmend für dessen Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Es ist daher notwendig, der Verkapselung von PCM ebensolche Aufmerksamkeit zu schenken, wie dem Speichermaterial selbst. In mehreren F&E-Projekten hat sich das ILK Dresden daher der Entwicklung und Charakterisierung von PCM-Verkapselungen im weitesten Sinne gewidmet.
So wurde für die Hermetisierung von granularen Speichermaterialien die Machbarkeit des Prinzips einer chemisch reaktiven Hüllensynthese unter Reaktionsbeteiligung des Speichermaterials selbst demonstriert (weitere Informationen auf Anfrage). Die Entwicklung einer Verkapselungstechnologie war auch Bestandteil eines Projektes zu Latentspeichermaterialien für den Einsatz im Temperaturbereich von 100°C bis 180°C (weitere Informationen auf Anfrage). Dabei kamen nicht nur die im Bild 9 gezeigten, ganz allgemeinen Verfahren der Materialuntersuchung wie Zug- und Druckprüfungen, Korrosionstests und Permeationsuntersuchungen zum Einsatz.
Vielmehr wurden am Institut spezielle Testverfahren entwickelt, um die (mechanische) Leistungsfähigkeit der Speicherelemente zu testen. Dazu gehörten beispielsweise die Untersuchung der Verformungsreaktion auf Druckbelastungen bei Arbeitstemperatur (in diesem Fall 130°C), die Simulation dynamischer Belastungen sowie Verfahren zur Dichtheitskontrolle (Bild 10).
Entscheidend ist letztendlich jedoch, welche Speicherkapazität und welche Speicherleistung dem Energiesystem unter welchen Bedingungen zur Verfügung gestellt werden kann. Zur Messung dieser Parameter entwickelt das ILK Dresden spezielle Messeinrichtungen, die die Anwendungssituation des Speichermaterials möglichst anwendungsnah nachstellen. Das Bild 11 zeigt den zeitlichen Verlauf der Kühlleistung eines Speicherelementes für die Luftkühlung, gefüllt mit unterschiedlichen Speichermaterialien. Während das Speichermaterial „PCM A“ den typischen Leistungsverlauf eines Latentwärmespeichers nachzeichnet (mit einem „Plateau“ sowie einer zeitlichen Leistungsabnahme, die durch die zunehmende Entfernung der isothermen Phasengrenze von der Wärmeübertragerfläche hervorgerufen wird), weist das Speichermaterial „PCM B“ eher die Charakteristik eines sensiblen thermischen Speichermaterials auf.
Alternativ zu den Messungen im Labor können Leistungs- und Kapazitätsmessungen unter bestimmten Randbedingungen auch an systemintegrierten thermischen Speicheranlagen erfolgen.
Energiesysteme mit Latentspeichern
Wichtig für den erfolgreichen Betrieb von Latentwärmespeichern in Energiesystemen ist eine sachgerechte Systemintegration. Je nach Kenntnisstand über das entsprechende System ist es dazu erforderlich, Berechnungen zum Systemverhalten auszuführen oder das Verhalten des Gesamtsystems zu simulieren. Bild 12 zeigt einen Blick in einen Kugelspeicher, der aus einer Schüttung PCM-gefüllter Kunststoffkugeln besteht, die von einem Wärmeträger durchströmt wird. Im konkreten Fall diente der Speicher zur Kälteversorgung einer Milchkühlwanne.
Für die Auslegung eines solchen Speichers war es hilfreich, ein Programm für die quasidynamische Berechnung der Lade- und Entladevorgänge einer solchen durchströmten Schüttung zu entwickeln. Bild 13 zeigt den berechneten Verlauf der Entladung (Entladeleistung und Ladezustand) eines Kugelspeichers mit einer Speicherkapazität von ca. 43 kWh bei einem Kälteträger (KT)-Volumenstrom von 30 l/min für zwei unterschiedliche Kälteträger.
Für die Berechnung wurde von einer konstanten Speichereintrittstemperatur ausgegangen, die 5 K über der Schmelztemperatur des Kugelinhaltes lag. (Das nicht monotone Verhalten der theoretischen Speicherleistung nach ca. 8 h Speicherentladung entsteht durch spezielle Eigenschaften des zugrunde liegenden Modells für die Einzelkugeln.) Mit diesem Algorithmus lassen sich aber beispielsweise auch die resultierenden Speicheraustrittstemperaturen bei unterschiedlichen Kälteträger-Masseströmen prognostizieren.
Anwendung finden PCM-Elemente beispielsweise in den netzunabhängigen, photovoltaisch versorgten Kälteapplikationen des ILK Dresden, wie z.B. PV-Kühlcontainern. Diese Bauteile werden zur Speicherbeladung durch Direktverdampfung von Kältemittel gekühlt und sind dann in der Lage, die sie umgebende Luft und darüber eingelagertes Kühlgut über einen längeren Zeitraum zu kühlen. Bild 14 zeigt einen Verbund solcher Speicherelemente vor dem Einbau in einen Kühlcontainer.
Durch die enge Verflechtung von physikalisch-chemischer Analytik, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie der Ingenieurtechnik bietet das ILK Dresden beste Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung neuartiger Wärmespeicherapplikationen.
Ihre Anfrage zum Projekt
Weitere Projekte
Entwicklung Prüfverfahren und Prüfstand für stationäre Einbau-Kältesätze
Wie gut ist mein Einbau-Kältesatz?
Elektrische Auskopplung aus einer Expansionsturbine
Kostengünstige Umwandlung kleiner elektrischer Leistungen