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Matrix-Design for Artificial Meat (MADAM)
Wirtschaftlich konkurrenzfähige Steaks aus dem Zellkulturlabor
Motivation und Zielstellung
Die industrielle Tierwirtschaft ist eine Quelle unsäglichen Tierleids. Darüber hinaus verbraucht sie fast 80 % aller landwirtschaftlich nutzbaren Flächen und erzeugt etwa 15 % der weltweiten Treibhausgas-emissionen. Um einen nahen Zusammenbruch der globalen Ökosysteme noch abwenden zu können, ist eine komplette Umstellung der Fleischproduktion auf nachhaltige Technologien erforderlich. Eine ethische und ressorcenschonende Alternative der Fleischproduktion ist die Herstellung in vitro kultivierter Fleischprodukte aus tierischen Zellen.
Um die natürliche Fasertextur eines echten Steaks herzustellen, ist jedoch eine aufwendige und kostenintensive Kultivierung erforderlich. Der Kultivierungsprozess erfolgt in zwei Schritten: In der Primärkultivierung werden große Mengen tierischer Zellen in riesigen Bioreaktoren kostengünstig herangezogen. In der Reifekultivierung werden diese Zellen dann unter speziellen Wachstumsbedingungen in einer schwammartigen Matrixstruktur aus Proteinen weiterkultiviert. Dieses so genannte Scaffold bietet den Zellen eine gewebeartige Gerüststruktur, in der sie schrittweise zu Muskelfasern heranreifen können. Dieser Prozess ist extrem zeit- und ressourcenaufwendig, wodurch kultivierte Schnitzel und Steaks heute bis zu zwanzigmal teurer sind, als das Fleisch von Tieren. Mit dem Projekt MADAM wollen wir Cultured Meat nun für alle Menschen bezahlbar machen.
Wir nutzen dazu ein am ILK Dresden entwickeltes, patentiertes Gefriertrocknungsverfahren namens Model-based Ice Templating (MbIT), mit welchem aus Kollagen oder anderen Proteinen poröse, dreidimensionale Scaffolds für die Zellkultur erzeugt werden können. Die Besonderheit unseres Verfahrens besteht darin, dass die Porenform, die Porengröße und die Festigkeit der erzeugten Matrixstruktur fast beliebig angepasst werden können, um verschiedenen Zelltypen optimale Wachstumsbedingungen zu bieten. Im F&E-Projekt MADAM soll das Verfahren genutzt werden, um Scaffolds mit einer langgestreckten, faserartigen Porenstruktur zu erzeugen, die einer gewachsenen Fleischstruktur ähnelt. Durch die Anpassung der Struktur und des Proteingehaltes soll bereits das Scaffolds eine Textur und Bissfestigkeit aufweisen, die mit der eines Steaks vergleichbar ist. Die tierischen Zellen werden dann nur noch für den Geschmack benötigt und eine aufwändige Reifekultivierung kann entfallen. Dadurch sollten sich die Herstellungskosten von Cultured Meat um mehr als die Hälfte reduzieren lassen.
Aktueller Projektstand und Ausblick
Unter Einsatz des MbIT-Verfahrens wurden aus dem tierischen Strukturprotein Kollagen poröse Trägerstrukturen für die Kultivierung tierischer Zellen zu einem künstlichen Fleischprodukt erzeugt. Dazu wurden verschiedene Kollagensuspensionen in selbst entwickelten Einfrierformen auf der Stellfläche eines Gefriertrockners eingefroren und anschließend gefriergetrocknet. Durch eine passende Gefrierform und eine gut abgestimmte Temperaturführung kann das Eiswachstum so gesteuert werden, dass wahlweise eine kurze, wabenartige Porenstruktur oder langgestreckte, lamellenförmige Porenräume entstehen. So lassen sich verschiedene Materialstrukturen erzeugen, die längs- und quergeschnittenes Muskelfleisches imitieren. Die Festigkeit der Scaffolds wurde über den Proteingehalt und die erzeugte Porengröße der Scaffolds variiert und durch eine thermische Nachbehandlung zur Quervernetzung der Proteinmoleküle weiter erhöht. Anschließend wurden Bissverhalten und Festigkeit der erzeugten Trägermaterialien mit einer Kramer-Scherzelle bestimmt und mit einer Datenbank für Fleischprodukte verglichen. Abhängig vom Proteingehalt entsprach die erzeugte Bissfestigkeit der befeuchteten Scaffolds der von Hühner- oder Schweinefleisch. Im weiteren Projektverlauf wurden die Scaffolds mit Muskelzellen besiedelt, um Fleischäquivalente zu erzeugen. Diese sollen nun schrittweise optimiert werden, um ihre Textur und Festigkeit detailgetreu an die Werte verschiedenster Fleischsorten anzupassen.
Parallel zur Optimierung der Kollagenscaffolds erfolgten auch Fertigungsversuche mit pflanzlichen Proteinen, wie Soja und Lupine. Durch eine Stabilisierung der Proteinsuspensionen mit Hilfsstoffen und die Nutzung moderner Verarbeitungstechniken gelang es, ansprechende Matrixmaterialien auf Sojabasis zu erzeugen. Diese pflanzenbasierten Scaffolds sind haptisch ansprechend, stabil, biegsam und abbauresistent. Leider erreichen sie noch nicht die erforderliche Festigkeit. Mit strukturstabilisierenden Verfahren, wie einer hitzeinduzierten Verknüpfung der pflanzlichen Proteinmoleküle zu faserartigen Strukturen (Amyloidfibrillogenese) und der Beimischung zellulosehaltiger Pflanzenfasern als Stützstruktur soll die Festigkeit der veganen Matrixstrukturen weiter erhöht werden, um auch vegane Trägerstrukturen mit der Bissfestigkeit eines echten Steaks zu erzeugen. Denn erst wenn das tierische Kollagen der Kultivierungsmatrix vollständig durch alternative Proteine ersetzt werden kann, ist unsere Mission erfüllt: Eine ethische, vollkommen tierfreie Fleischproduktion zu konkurrenzfähigen Kosten.
copyright: ilkdresden.de
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